Jazzstadt Köln erfolgreich auf dem Deutschen Jazzpreis 2022
von Horst-Peter Koll
Zum zweiten Mal wurde der Deutsche Jazzpreis für herausragende Leistungen der Jazzszene verliehen. Für die 31 Auszeichnungen waren etliche Künstlerinnen und Künstler der Kölner Jazzszene nominiert, von denen Shannon Barnett (Kategorie Blechblasinstrumente), Pablo Held (Piano/Keyboards) und Robert Landfermann (Bass) ausgezeichnet wurden. Der Kölner Bassist Sebastian Gramss erhielt zudem den Sonderpreis der Jury für sein Ensemble Hard Boiled Wonderland – Music Resistance, während der ivorische Balafon-Spieler Aly Keïta, bekannt aus Hans Lüdemanns Trio Ivoire, in der Kategorie Besondere Instrumente geehrt wurde.
Der Preis Rundfunkproduktion des Jahres ging an WDR3 für „State of Play: Sonikation“, ein Hörstück zum Thema Klänge der Stadt, konzipiert von Sebastian Gramss für das Studio Akustische Kunst WDR. Über die Auszeichnung Spielstätte des Jahres durfte sich der Stadtgarten Köln freuen. Nachdem im Vorjahr das Kölner Loft ausgezeichnet wurde, wurde damit erneut der hohe Stellenwert der Kölner Jazz-Spielstätten herausgehoben. In der Kategorie Festival des Jahres war die Cologne Jazzweek nominiert; auch wenn der Preis am Ende ans Berliner XJAZZ! Festival ging, darf das 2021 aus der Taufe gehobene Kölner Jazzfest die Nominierung durchaus als Erfolg verbuchen.
Die Auszeichnungen wurden am 27. April, dem Vorabend der Bremer Musikmesse jazzahead!, verliehen und sind mit jeweils 10 000 Euro dotiert. Der von Kulturstaatsministerin Claudia Roth ausgelobte, von der bundeseigenen Initiative Musik durchgeführte Musikpreis verzeichnete 2022 etwa 1000 Einreichungen von Künstlern, Labels und Verlagen. Claudia Roth betonte die Bedeutung des Preises, besonders nach zwei stark von der Pandemie geprägten Jahren: „Damit zeigen wir die kreative Schaffenskraft, die künstlerische Qualität und die Vielfalt dieses Genres.“ Als Künstlerin des Jahres wurde die Saxofonistin und Komponistin Charlotte Greve ausgezeichnet, Band des Jahres national wurde Punkt.Vrt.Plastik mit Kaja Drachsler, Petter Eldh und Christian Lillinger. Als internationale Band wurden die Sons of Kemet geehrt. Album Instrumental des Jahres wurde „Muse“ von Nils Wogram.
Auch im zweiten Jahr suchte der Deutsche Jazzpreis noch nach einer angemessenen Präsentationsform. Die nach der Corona-Ausgabe 2021 erstmals live vor 500 Gästen im Bremer Metropol Theater durchgeführte Veranstaltung gab sich ambitioniert, dennoch glückte ihr nicht immer der Spagat zwischen konventioneller Moderation und unkonventioneller Live-Musik. Viele der Geehrten wurden aus Zeitmangel eher verwaltet, nur wenige von ihnen wurden für kurze Danksagungen auf die Bühne gebeten. Persönlich und damit sofort charaktervoller wurde die Veranstaltung dank der spontanen Freude von Charlotte Greve sowie der schönen Würdigung für Ernst-Ludwig Petrowsky in der Kategorie Lebenswerk: Hierfür wurde der entspannt-eloquente Posaunist und Musikwissenschaftler George E. Lewis exklusiv aus New York zugeschaltet.
Zum Höhepunkt wurden die Worte der ukrainischen, in Köln lebenden Künstlerin Tamara Lukasheva, die als Mitglied von Sebastian Gramss“ politisch engagiertem Ensemble Hard Boiled Wonderland die gesellschaftliche Rolle des Jazz auf den Punkt brachte und sie eindrucksvoll mit gegenwärtigen Tendenzen verknüpfte: Das Böse auf der Welt, so Lukasheva, habe keine Nationalität, „es wächst und gedeiht am besten dort, wo Menschenrechte, Pluralismus, das Recht auf freie Rede nicht gegeben sind.“ Deshalb sei die Kunst der Feind der Diktatur und stets deren erstes Opfer. Lukasheva sagte: „In den Städten und Bunkern in der Ukraine jedenfalls werden noch immer Konzerte gegeben.“