King Georg
Resi Reiner
Endlich, endlich existiert es, und wie: Das erste, komplette Album von Resi Reiner. Machte die Wiener Musikerin im Laufe des Jahres schon mit den Singles Bialetti und Dunkles Herz auf sich und ihr Debut aufmerksam, erscheint Weißt du, was ich mein? am 25.08. auf dem Hamburger Label KROKANT. Glucklicherweise konnen wir uns bis dahin auf zwei weitere Highlight-Auskopplungen freuen, die die Wartezeit verkurzen.
„Weißt du, was ich mein?“ klingt nach einem nachmittaglichen Spaziergang im Wiener Prater, es ist Spatsommer, das Licht ist Gold und der Herbst zum Greifen nah. Insgesamt neun Tracks lang begleitet einen dabei die im besten Sinne unaufgeregte Stimme Reiners durch Umstande, die einen wahrend seiner Jugend und daruber hinaus durchaus in Auf- regung versetzen. Um Identitat und Freundschaft dreht sich das Album, aber auch um tiefe Traurigkeit und bestandige Lethargie. Das, was Weißt du, was ich mein? so beson- ders macht, ist die Art und Weise, mit der Reiner dieses Coming of Age besingt: Nie deu- tet sie mit dem Zeigefinger auf etwas, selten verwendet sie Ausrufezeichen. Stattdessen gewahren ihre Songs angenehmen Interpretationsspielraum. Sie wolle textlich offen blei- ben und nicht zu konkret werden, sagt die Sangerin. „Ich will niemanden mit einem Ge- fuhlskorb uberschutten.“
Und das gelingt. So geht es auf dem Album um Mitgemeint-Sein, um Gleichberechtigung und Mannlichkeit, ohne den Anspruch zu erheben, die Problematik dieser Themenkom- plexe zu durchwirken. Reiner arbeitet mit Humor, mit Atmosphare und mit Zwischento- nen, mit einer angenehmen Reduktion auf wenige, einpragsame Zeilen. So scheint nichts auf Weißt du, was ich mein? zu groß, obwohl einen an so mancher Textstelle Großartiges erwartet: „Wenn die Zeit wirklich alles heilt, dann war ich jetzt soweit“ singt Reiner in Dunkles Herz und trotzt damit selbst den dustersten Gefuhlen der Depression eine ge- wisse Leichtigkeit ab.
Weißt du, was ich mein? kommt ohne Kitsch aus, dennoch hat das Album keine Angst vor Tiefe. Und auch nicht vor Irritation und Kontrasten: in charmanten Melodien aus Klavier- und Synthiematerial, die zum mitsummen einladen, verkleidet Reiner ungeahnt Ernsthaf- tes. Ein Loblied an den Espressokocher und die Wirkung eines Antidepressivums, das vor allem gegen Schlafstorungen eingesetzt wird, konnen auf dieser Platte friedlich koexistie- ren.
Resi Reiner, 26, ist in Graz geboren, mittlerweile ist sie wohnhaft in Wien. Seit 2020 macht sie Musik und fuhrte uns unterdessen schon nach Italien (Ich will nach Italien, 2021), zur Tischtennisplatte im Wiener Prater (Tischtennis, 2021) oder in die bittersuße Orientierungslosigkeit (Naja, geht so, 2022). Weißt du, was ich mein? ist zusammen mit Gunther Muller, Florian Sievers und Albrecht Schrader entstanden, in den Jahren 2021-2023. Ende September geht Reiner auf Tour, sie spielt in Deutschland und Osterreich, genaue Daten hierzu folgen.
Also: Legt das Handy weg, zieht die Jacke an und geht mit Weißt du, was ich mein? spa- zieren, am besten lang.
(Carla Kaspari)